Für die meisten Fußballer in Europa ist Winterpause, für Fußballmanager geht es während der Feiertage hingegen ums große Geld. Nach der Fußball-WM im Vorjahr investierten die Klubs 2,3 Milliarden Euro in Personal.
Das schöne Spiel, wie Fußball bezeichnet wird, ist auch das teuerste Spiel. Bereits im Sommer 2014 investierten Europas Fußballvereine rund 2,3 Milliarden Euro in neues Personal. Und während sich die Wirtschaftswelt mit Rezessionssorgen plagt und die Konjunkturprognosen sich an Pessimismus überbieten, überschlagen sich dieser Tage die Gerüchte über mögliche Millionentransfers in der Fußballwelt. Superstar Lionel Messi von Barcelona zu Chelsea London, Weltmeister Lukas Podolski von Arsenal zu Inter Mailand? Das Milliardenkarussell Fußball dreht sich weiter, kennt scheinbar keine Konjunkturflaute.
Die Klubs der Premier League in England gaben 2014 allein mehr als eine Milliarde Euro aus. Das ist viermal so viel, wie die Klubs der deutschen Bundesliga springen gelassen haben. Ist Englands Liga also viermal so gut wie die deutsche, aus deren Korporationen sich immerhin die Weltmeistermannschaft rekrutierte? Der Preis des Personals allein reicht wohl kaum als Indikator für die Qualität einer Mannschaft und ihrer Durchsetzungsfähigkeit auf dem Markt. Aber das gilt für alle Branchen. Die teuersten Komiker sind nicht immer die besten. Und was die bestbezahlten (US-)Bankmanager wert sind, hat die Welt ja vor einigen Jahren leidvoll erfahren.
19,9 Milliarden Euro Umsatz. Angesichts des Marktvolumens relativieren sich die ungeheuren Preise für Kicker. Dem „Annual Review of Football Finance“ des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Deloitte zufolge kletterten die Einnahmen der fünf großen europäischen Ligen 2012/13 (die Zahlen für 2013/2014 sind noch nicht bekannt) kumuliert auf 9,8 Milliarden Euro. Das ist eine Steigerung um fünf Prozent im Vergleich zum Jahr zuvor. Die englische Premier League verdiente das größte Kuchenstück: 2,9 Milliarden Euro. Deutschland etablierte sich als Nummer zwei (2,1 Milliarden Euro), vor Spanien (1,9), Italien (1,7) und Frankreich (1,3). Alle anderen Ligen nahmen noch einmal so viel ein wie diese fünf allein. Der Gesamtumsatz in Europa wird von Deloitte mit 19,9 Milliarden Euro (plus zwei Prozent) beziffert.
Die Konzentration des Kapitals auf einige wenige, immer größer werdende Konzerne ist auch im Vereinsfußball zu beobachten. Manchester United kaufte für rund 105 Millionen Euro neue Spieler ein. Das sind zwei Drittel der Ausgaben der gesamten deutschen Bundesliga. Der Klub kann sich das locker leisten. Der Gewinn lag 2012/13 weit über 100 Millionen Euro, bei einem Umsatz von rund 424 Millionen.
Wie gnadenlos der Wettbewerb an der Spitze ist, zeigen die Aussichten auf die aktuelle Saison. Manchester United beendete die Premier League als Siebenter. Daher entfallen die Einnahmen aus der Champions League. Sie betrugen in den abgelaufenen Jahren stets zwischen 40 und 55 Millionen Euro, also bis zu einem Zehntel der Einnahmen. Der Gewinn wird daher im kommenden Jahr geringer ausfallen. Da der Autokonzern Chevrolet für einen Vertrag über sieben Jahre als Leiberlsponsor 432 Millionen Euro zahlt, halten sich die auf rund 30 Millionen geschätzten Budgetkürzungen allerdings in Grenzen.
In der Football Money League, die Vereine nach ihrem wirtschaftlichen Muskel reiht, hat Manchester United 2013 zum ersten Mal an der vierten Stelle rangiert. Viele Jahre hatten die Engländer diesen Wettbewerb dominiert, doch Real Madrid (Umsatz 2013: 519 Millionen Euro) und der FC Barcelona (483) sind inzwischen um ein Eck potenter. Bayern München (431) quetschte sich an Manchester vorbei auf den dritten Platz. Nicht zuletzt dank der Triple-Saison 2012/13, in der die Bayern die deutsche Meisterschaft, den Cup und die Champions League gewannen.
Österreichische „Armenliga“. Österreichs zehn Bundesligaklubs wirken dagegen wie Nebenerwerbskicker. Sie setzten 2012/13 rund 152 Millionen Euro um. Das ist ungefähr der Gewinn von Manchester United. Und würde nicht Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz für RB Salzburg rund 61 Millionen Euro springen lassen, würde Österreichs „Armenliga“ noch trauriger ausschauen. Da heuer kein Klub in der Champions League spielt und die Salzburger Österreichs einziger verbliebener Vertreter in der Europa League sind, gehen nicht nur die Marktpräsenz, sondern auch Einnahmen flöten. Aufgrund der unterschiedlichen Anzahl der Vereine ist freilich eher der durchschnittliche Umsatz und weniger die Gesamtsumme aussagekräftig. Liegt der Schnitt von Österreichs Vereinen (dank RB Salzburg) bei rund 15Millionen, beträgt er in Englands Premier League rund 158 Millionen Euro.
Wie das Geschäft geht, zeigen aber nicht die Engländer vor, sondern die Deutschen. Deren Bundesliga ist nicht nur umsatzmäßig die zweitstärkste der Welt, sondern auch die solideste. 2013 steigerte sie zum neunten Mal hintereinander die Umsätze (um 91 Millionen oder 4,4 Prozent) auf 2,1 Milliarden. In diesen neun Jahren haben sich die Einnahmen in der deutschen Eliteliga beinahe verdoppelt. Selbst die zweite deutsche Bundesliga nimmt weit mehr als doppelt so viel Geld ein wie die oberste Spielklasse in Österreich. Hierzulande kann sich kaum ein Klub aus den Einnahmen (Ticketverkauf, TV-Rechte, Marketing-Merchandising) selbst erhalten. Sogar der weitaus beliebteste Klub, Rapid, kalkuliert Jahr für Jahr mit einem Defizit von rund zwei Millionen Euro, das die Einnahmen aus einem internationalen Wettbewerb (heuer eine grüne Null) oder Gönner ausgleichen. Oder niemand. Österreichs Profifußball ist ein hoffnungsloser Zuschussbetrieb. Von den Kosten der Infrastruktur (Stadion, Zubringerstraßen, Trainingsplätze) gar nicht zu reden, sie werden landauf, landab von der öffentlichen Hand errichtet und instand gehalten. Die Vereine mieten sich ein.
Ganz anders in Deutschland. Dort erzielten die 18 Bundesligavereine in der Saison 2012/13 kumuliert einen Gewinn von rund 62 Millionen Euro. Sonst ist nur die Premier League mit einem Überschuss (96 Millionen) gesegnet.
In Spanien, Italien und Frankreich generieren die Spitzenligen ein Defizit. Die Implementierung der Financial-Fair-Play-Regelung 2013/2014 führte allerdings auch dazu, dass sich das Verhältnis von Personalkosten und Einnahmen normalisierte.
In diesem Zusammenhang ist auch interessant, dass das schweizerische International Center for Sports Studies die für Topspieler bezahlten Preise für neue Spieler in der Mehrzahl für krass übertrieben hält. So habe Manchester United für Ángel di María (Kaufpreis 75,5 Millionen Euro) an Real Madrid rund 30 Millionen zu viel bezahlt.
Manchester United wird das nicht kümmern, die Ankunft eines neuen Mitbieters um Rechte für TV-Übertragungen und Verwertungen in digitalen Plattformen (Handy, Apps, iPad) namens BT Sport treibt in England die Erlöse auf dem Broadcasting Sektor in die Höhe. Seit der vergangenen Saison ist ein Live-Match der Premier League rund acht Millionen Euro wert. Die 20Klubs der österreichischen Bundesliga verwerten ihre Rechte pro Jahr mit rund 13 Millionen Euro.
Quelle: Die Presse, 04. Jänner 2015
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